Page 23 - Ditisit-Februar 2022
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WWW.DITISIT.DE                       Dit is’ Kult                             Ausgabe Februar 2022 23


         „Das Theater ist das schönste und                                               Noch in der 100. Sendung am 23.
         älteste Lügengewerbe der Welt. Ein                            ZENSUR: September 1989, kurz vor dem
          wunderbarer Zauberkasten: Es zeigt                           Mauerfall, wurden politische Schnitte für die Wiederholung der
          wirklich, was in Wirklichkeit nicht ist.                     Show gemacht. So wurden Bemerkung der Moderatoren Helgo
         Hamlet stirbt und geht anschließend                           Hahnemann (* 8. September 1937; † 20. November 1991) und
         Spaghetti essen.“                                           © pixabay/Eduardo Domingos  Gunther Emmerlich (* 18. September 1944), sie seien (wohl)
                                                                       nicht die einzigen Fehlbesetzungen im Land, herausgeschnit­
          Gustav Seibt (* 10. März 1959) ist ein deut-                 ten und fehlten bei der erneuten Ausstrahlung, ebenso Frank
         scher Literaturkritiker, Essayist und Historiker.             Schöbels Lied „Wir brauchen keine Lügen mehr“.

              TRAUDEL                           THE PICTURE                                 REISEN SIE
          SCHULZE ODER              AM 29. JANUAR 1972 GEHT DIE NEUE UNTERHALTUNGSSHOW    ZURÜCK IN DIE
            ANGEKLAGTE             „EIN KESSEL BUNTES“ IM DDR-FERNSEHEN AUF SENDUNG UND   HUNDERTJÄHRIGE
                                        WIRD BALD ZUM QUOTENHIT IN OST UHND WEST.
                                                                                           GESCHICHTE
         HELGA HAHNEMANN                                                                  DER GRÖSSTEN
           LIEBTE SKETCHE                                                              REVUEBÜHNE DER
         youtube hält einige Mitschnitte                                                       WELT
         hierzu aus dem „Kessel Buntes“                                                     HISTORY
         bereit. Darunter Perlen wie „Am
         Frühstückstisch“, „Das Gericht“                                               Der Theaterimpressario
         oder den „Kellnersketch“, in                                                  Max Reinhardt und sein
         welchen Helga Hahnemann                                                       Architekt Hans Poelzig schu­
         im Kessel neben anderen gro­                                                  fen 1919 mitten in Berlin einen
         ßen Schauspielern brilliert.                                                  der visionärsten Theaterbauten
         Legendär auch ihr Auftritt mit                                                des 20. Jahrhunderts.
         Precious Wilson zum Song „Cry                                                 Mit eigener expressionisti­
        To Me“.                                                                      © RBB  scher Formensprache, inno­
                                    Die Moderation der ersten Sendung übernahmen die „Die drei   vativer Bühnentechnologie
                                    Dialektiker“ ­ die Kabaretisten Horst Köbbert, Lutz Stückrath   und einen zukunftsweisen­
                                    und Manfred Uhlig. Gäste der ersten Show waren u.a.: Danyel   dem Bühnenraum entstand eine
                                    Gérard aus Frankreich mit seinem Hit „Harlekin”, Manuela aus   Ikone der Architektur, die im
                                                                                       Volksmund als „Tropfsteinhöhle“
                                    (West)­Berlin sang „Der schwarze Mann auf dem Dach“ und
                                 © Screenshot youtube  sang „Als sei nichts geschehn” und “Singt alle mit”.  Goldenen Zwanziger brach­
                                                                                       berühmt wurde. Während der
                                    ihren Gassenhauer “Prost! Onkel Albert“ und Frank Schöbel
                                                                                       te dort der Theaterleiter Erik
                                                                                       Charell mit seinen Revuen den
                                   HISTORY                                             Glamour großer Broadway­
                                                                                       Shows nach Berlin.
         ALS INTERVISIONSSENDUNG 1972 GESTARTET                                        Die Virtual Reality­Erfahrung
                                                                                       bietet  die  Möglichkeit,  das
                                                                                       nicht mehr existierende
                UND BIS 1992 GESEHEN UND GELIEBT                                       Große Schauspielhaus Berlin
                                                                                       im Jahre 1927 zu besuchen.
         Insgesamt 118 Mal lief die   Friedrichstadtpalast“ gesen­  nach 10 Folgen mit Moderator     Die Besonderheit an diesem
         Sendung über den deutschen   det wechselten die Spielstätten   Karsten Speck eingestellt.  Projekt: historische Objekte
         Bildschirm. Selbst das Zentrale   nach dessen Abriss zunächst   Noch bis zum bis 14.03.2022   aus dem Stadtmuseum Berlin
         sowjetische Fernsehen und die   in den „Palast der Republik“  können Sie „Ein Kessel Buntes   und anderen Archiven werden
         tschechoslowakische „Ceská   und später in verschiedene  ­ Das XXL­Jubiläum!“ in der   in die virtuelle Narration einge­
         televize“ übernahmen die   Spielstätten in der DDR, etwa   ARD­Mediathek sehen.  bunden. So vermitteln die digi­
         Sendung „Ein Kessel Buntes“.   in Cottbus, Karl­Marx­Stadt  Als Gäste bei Wolfgang Lippert   talen Exponate wie z.B. Plakate,
         Als Unterhaltungs­Aushänge­  und Gera um 1984 wieder in   schwärmen Frank Schöbel,   Requisiten oder bühnentech­
         schild des DDR­Fernsehens   den Neubau des Friedrichstadt­  Roland Kaiser, Katja Ebstein   nische Apparate theaterhisto­
         wurden viele Internationale   Palastes zurückzukehren.  und Joey und Patricia Kelly   risches Wissen auf poetische
         Unterhaltungskünstler prä­  Nach dem Sprung ins ARD­  in Erinnerungen an 50 Jahre   Weise.
         sentiert. So traten u.a. Ricky   Programm wurde die Sendung  „Kessel“.        https://t1p.de/8vybp
         Shayne, Peggy March, Mireille
         Mathieu, Abba, The Rubettes
         und Amanda Lear auf. Diese
         Liste ist sehr lang und hier sehr
         unvollständig. Ebenfalls ein fes­
         ter Bestandteil der Show war
         das legendäre Friedrichstadt­
         palast­Ballett.
         Als populärste und beliebtes­                                                                          © digital.dthg.de/schauspielhaus
         te Moderatorin gilt unzwei­
         felhaft  Helga  Hahnemann                                                    © Bundesarchiv, Bild 183-L1109-0305 / Reinhard Kaufhold
         (* 8. September 1937; † 20.                                                   Drei Protagonisten laden uns ein,
         November 1991) welche erst­                                                   sie bei ihrer ganz persönlichen
         mals 1979 den „Kessel“ mo­                                                    Erinnerungsreise durch das Große
         derierte.                                                                     Schauspielhaus Berlin zu beglei-
                                                                                       ten. Erleben Sie die Geschichte(n)
         Anfänglich noch aus dem „Alten   Der „Alte“ Friedrichstadtpalast 1972.        des berühmten Theaters, seiner
                                                                                       Architektur und seiner Kunst.
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