Page 8 - Ditisit-Februar-2024
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8 Ausgabe 40 Dit is’ die aus Frühling WWW.DITISIT.DE
SIMONE THOMALLA IM INTERVIEW:
„DIE SACHE MIT DER LIEBE
WIRD NICHT LEICHTER“
Simone Thomalla (58) gehört zu den Stars des deutschen Fernsehens. Sie begann ihre Schauspiel-Karriere vor über 40 Jahren, gab
lange die Leipziger „Tatort“-Kommissarin Saalfeld, und sie steht seit über zehn Jahren regelmäßig in Oberbayern für die „Frühling“-
Reihe des ZDF als Dorfhelferin vor der Kamera. Klar, dass sie im Interview einiges zu sagen hat!
» Viele sagen, auf dem Land ti- nen mir immer sehr freundlich
cken die Uhren noch anders. Sie und sehr offen.
leben in Berlin, drehen aber meh- » Wie finden die Menschen vor
rere Monate lang im oberbayeri- Ort, dass Jahr für Jahr wochen-
schen Bayrischzell - Vermissen lang bei ihnen gedreht wird?
Sie während der Dreharbeiten Simone Thomalla: Natürlich
das Stadtleben? sind manche Leute nicht so be-
Simone Thomalla: Als ich vor geistert, wenn ihre Straße immer
über einem Jahrzehnt ange- gesperrt ist. Da haben wir auch
fangen habe zu drehen, hätte schon den einen oder anderen
ich geantwortet, ja. Damals fiel Konflikt gehabt, muss ich ganz
es mir schwer, weil ich eigentlich ehrlich sagen. Aber das ist eher
kein Fan von den Bergen bin. Ich die Ausnahme, denn inzwischen
bin eher ein Wasser-Meer-Typ. kurbelt „Frühling“ auch den Tou-
Ich merke aber, dass sich meine rismus in der Region an. Manch
Einstellung im Laufe der Jahre einer lässt sich aber schon etwas
durch die zunehmende Vertraut- einfallen, um auf sich aufmerk-
heit mit der Region geändert hat. sam zu machen und uns bei der
Heute genieße ich den Luxus, Arbeit zu stören. Ein wenig mehr
sowohl auf dem Land als auch gegenseitige Akzeptanz wäre
in der Stadt zu leben. Aber am da schön. Ich wundere mich
Wochenende bin ich immer zu immer über diese Aggressivi-
Hause - das brauche ich einfach. tät. Schauen diese Menschen
» Der Familie wegen? kein Fernsehen? Irgendwo muss
© 2023 Getty Images/ zu sehr mit Simone Thomalla: Auch wegen es ja gemacht werden. Wir dre-
Gerald Matzka
der Brechstan- der Familie, ja. Ich muss mal eine hen, damit die Zuschauerinnen
ge. Ich war schon Freundin sehen oder meine Mutti und Zuschauer ein paar schöne
immer eine Frauenfrau. besuchen. Ich muss auch ein- Stunden haben. Wir wollen doch
Ihre Karriere startete be- Dafür muss ich kein großes fach mal in meinem eigenen Bett niemanden ärgern. Ich hoffe da
reits Anfang der 80er-Jahre: Si- Schild vor mir hertragen. liegen (schmunzelt). in der Zukunft auf einen Dialog.
mone Thomalla, 1965 in Leipzig » Was wünschen Sie sich von der » Was schätzen Sie am Oberland? » War der Dreh für Sie anfangs
geboren, blickt auf eine bewegte Gesellschaft in dieser Hinsicht? Simone Thomalla: Eindeutig die eine Art Kulturschock?
Laufbahn zurück. Beruflich, aber Simone Thomalla: Ich wünsche Ruhe. Dort komme ich einfach Simone Thomalla: Nein, über-
auch privat hat die ehemalige mir generell wieder mehr Leich- runter. Und das ohne das Gefühl, haupt nicht. Das ist einfach ein
„Tatort“-Darstellerin schon viel tigkeit. Alles ist nur noch ver- etwas zu verpassen. Ich lebe dort anderes Leben. Aber, mein Gott,
von sich reden gemacht. Eine krampft und gegeneinander. Der schon etwas bedachter und sehr du setzt dich ins Auto und bist in
feste Konstante im Leben der Feminismus, der eigentlich für entschleunigt. Ich habe mehr Zeit, einer Stunde in München. Die
Schauspielerin ist neben Tochter die Frauen ist, richtet sich dann um in mich zu gehen und in die Anwohner haben sich bewusst
Sophia (34) auch seit über zehn oft auch gegen die Männer. Ich Ferne zu schauen. In der Stadt für das Leben dort entschieden.
Jahren die Hauptrolle in der be- finde, die ganze Stimmung zwi- habe ich wieder Turbo, Tempo Deshalb ist es noch lange nicht
liebten Heimat-Reihe „Frühling“ schen Mann und Frau und auch und die Lautstärke - das ist immer so, dass sie vom Rest der Welt
im ZDF. Anlässlich des Starts der unserer Gesellschaft überhaupt ein guter Ausgleich. nichts mitbekommen.
13. Staffel (sechs neue Filme, ist zu aggressiv. Wir leben in einer » Haben zehn Jahre im Ober-
wöchentlich seit Sonntag, 4. Fe- Zeit, die mir persönlich überhaupt „DAS IST EINFACH land eigentlich schon auf Sie ab-
bruar, 20.15 Uhr) plaudert die nicht gefällt. Man fängt an, zu EIN ANDERES gefärbt?
Schauspielerin aus dem Näh- überlegen, was man sagen darf. LEBEN“ Simone Thomalla: Vielleicht
kästchen. Unter anderem verrät Ich habe das ja schon in der DDR ein bisschen, aber „basst scho‘“
sie, worauf sie bei einem Mann erleben müssen. Das heute in - diese Redewendung werde ich
Wert legt - und wie viel ihr ihr Job einem freien, demokratischen » Sie finden in Oberbayern eine nicht mehr los (schmunzelt).
bedeutet. Die 58-Jährige spricht Land in Teilen wieder erleben zu Oase der Ruhe - also dort, wo
auch offen über Politik und Ge- müssen, ist beängstigend. Viel- man den Menschen nachsagt, „WIR ERZÄHLEN
sellschaft. leicht müssen wir wieder mehr dass sie oft etwas rauer sind? KEINE MÄRCHEN“
» Frau Thomalla, was meinen auf die Straße gehen!? Simone Thomalla: Das kann ich
Sie: Hat sich die Wahrnehmung als Klischee abtun. Ich weiß nicht, » Passt schon - das kann man
von Frauen im besten Alter im VOM „LUXUS, warum das so ist. Ich bin sowieso auch über die Zuschauerzahlen
vergangenen Jahrzehnt nach- SOWOHL AUF DEM kein Mensch, der mit regionalen Ihrer „Herzkino“-Reihe sagen!
drücklich verändert? LAND ALS AUCH Gegebenheiten - sagen wir mal - Simone Thomalla: Was mich be-
Simone Thomalla: Ja. Wir sind zu kämpfen hat. Wahrscheinlich sonders freut, ist, dass sie lang-
schon allein durch „me too“ alle IN DER STADT ZU gilt das Sprichwort: „Wie man in sam Kultstatus bekommt. Es sind
sehr feministisch unterwegs. Das LEBEN“ den Wald hineinruft, so schallt es nicht mehr nur ältere Leute, die
ist mir manchmal ein bisschen heraus.“ Die Menschen begeg- vor dem Fernseher sitzen, son-